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Jahressteuergesetz 2020: Wichtige Änderungen bei verschiedenen Steuerarten und Verschärfungen im Steuerstrafrecht

Am 18.12.2020 hat der Bundesrat dem Jahressteuergesetz 2020 zugestimmt. Belastungen durch Corona sollen auch weiterhin mit steuerlichen Maßnahmen gemildert werden. Im Anschluss an unseren vorherigen Beitrag stellen wir nachfolgend weitere einkommen-/lohnsteuerliche Einzelheiten, wichtige Neuerungen bei anderen Steuerarten sowie bedeutsame Verschärfungen im Steuerstrafrecht dar.

Einkommen-/Lohnsteuer

Homeoffice-Pauschale

Gänzlich neu ist die steuerliche Förderung der Nutzung des sog. Home Office (HO): Mit § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 4 EStG wird eine HO-Pauschale von € 5 je Kalendertag gewährt, an dem die Tätigkeit ausschließlich in der häuslichen Wohnung ausgeübt wurde. Die Pauschale ist allerdings auf 120 Tage im HO bzw. max. 600 € im Wirtschafts- oder Kalenderjahr begrenzt und gilt zunächst für die Jahre 2020 und 2021.

Bei genauer Betrachtung offenbart die HO-Pauschale mehr Schein als Sein. Zum einen ist die HO-Pauschale in die allgemeine Werbungskostenpauschale von 1.000 € einzubeziehen und erweitert diese nicht. Damit kommt die HO-Pauschale nur dann tatsächlich zum Tragen, wenn und soweit die Werbungskosten zusammen mit anderen Einzelnachweisen über 1.000 € liegen. Zum anderen ist zu beachten, dass für die Tage, an denen die Tätigkeit im HO ausgeübt wird, die sog. Pendlerpauschale für Fahrten Wohnung/Arbeitsstätte (30 Cent je Entfernungskilometer, ab 2021 erhöht auf 35 Cent ab dem 21. Km) nicht in Frage kommt. Ab 17 km einfacher Entfernung der Wohnung zur Arbeitsstätte ist die HO-Pauschale geringer als der Km-Effekt.

Hinweis: Sofern im Zuge der Einrichtung des HO Ausgaben für Bürostuhl oder -tisch, Bildschirm, Tastatur, Maus, Drucker und Papier getätigt wurden, lassen diese sich per Einzelnachweis ebenso als Werbungskosten ansetzen wie die Pendlerpauschale für Bürotage und die HO-Pauschale für Arbeitstage im Homeoffice. Weiterhin dürfte trotz der HO-Pauschale der Ansatz von 20% der Telefon- und Internetkosten (max. 240 € p.a.) zusätzlich möglich sein.

Corona-Sonderzahlungen

Bis zu 1.500 € können an Arbeitnehmer steuerfrei als Beihilfe und Unterstützung aufgrund der Corona-Krise ausgezahlt werden. Der bisher geltende Begünstigungszeitraum wird bis zum 30.6.2021 verlängert.

Arbeitgeberzuschüsse zum Kurzarbeitergeld

Bis Ende 2021 erweitert wurden die Lohnzahlungszeiträume, für welche Arbeitgeber nach dem Corona-Steuerhilfegesetz steuerfreie Zuschüsse zum Kurzarbeitergeld gewähren können. Diese Zuschüsse und das Kurzarbeitergeld zusammen dürfen 80% des Unterschieds zwischen dem eigentlichen Bruttolohn und dem tatsächlich gezahlten Lohn nicht übersteigen.

Beratung ausscheidender Arbeitnehmer

Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll oder die ausscheiden werden, können künftig von ihren Arbeitgebern Beratungsleistungen zur beruflichen Neuorientierung (Outplacement) steuerfrei erhalten. § 3 Nr. 19 EStG wurde insoweit klarstellend geändert.

Freigrenze für Sachbezüge

Ab 2022 wird die Freigrenze für monatliche Sachbezüge von bisher 44 € auf 50 € erhöht.

Hinweis: Zu weiteren wichtigen einkommensteuerrechtlichen Änderungen siehe den vorherigen Beitrag. Themen waren dort insbesondere Investitionsabzugsbeträge und Sonderabschreibungen.

Umsatzsteuer

Mehrwertsteuer-Digitalpaket

Zum 1.7.2021 werden bedeutsame Änderungen zum Versandhandel an Privatpersonen in Kraft treten. Zu den Kernelementen der Neuregelungen (vgl. dazu ausführliche Erläuterungen in diesem Beitrag) gehören

  • die zentrale Meldung von innergemeinschaftlichen Fernverkäufen über einen sog. „One-Stop-Shop“ sowie
  • die Steuerschuldnerschaft der Markplatzteilnehmer (z.B. Amazon) in vielen Fällen der Warenlieferungen aus Ländern außerhalb der EU.

Reverse-Charge-Verfahren bei Telekommunikationsleistungen

Die (Umsatz-)Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers (sog. Reverse-Charge-Verfahren) wird erweitert auf Telekommunikationsdienstleistungen. Deutschland folgt damit dem Beispiel vieler EU-Mitgliedstaaten.

Hintergrund ist, dass es im Bereich des Handels mit Voice over IP (VOIP) Umsatzsteuerbetrugsmodelle gibt, die zu Umsatzsteuerausfällen führen. Als Beteiligte treten im Hintergrund vorwiegend Personen auf, die ihren Wohnsitz nicht im Inland haben und sich dadurch dem Zugriff der deutschen Finanz- und Strafverfolgungsbehörden entziehen. Die Finanzverwaltung hat außerdem häufig keinen Zugriff auf im Drittland aufgestellte Server, auf denen Gesprächsminuten nachvollzogen werden könnten. Die Steuerausfälle entstehen, indem die bei den beschriebenen Leistungen in Rechnung gestellte Steuer als Vorsteuer abgezogen, vom Leistenden jedoch nicht an das Finanzamt abgeführt wird. Dies wird bei einer Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers vermieden.

Voraussetzung für die Umkehr der Steuerschuldnerschaft ist, dass der leistungsempfangende Unternehmer ein sog. Wiederverkäufer ist, dass er also Telekommunikationsleistungen als Haupttätigkeit ausführt.

Hinweis: Das Finanzamt stellt ab sofort eine Bescheinigung über die Wiederverkäufereigenschaft des Unternehmers aus. Die Bescheinigung ist auf längstens drei Jahre zu befristen.

Erbschaftsteuer

Ausgleichsforderung bei Zugewinngemeinschaft

§ 5 Abs. 1 ErbStG gewährt im Falle des Todes eines Ehegatten dem überlebenden Ehegatten eine Steuerbefreiung in Höhe der Ausgleichsforderung, die er als Zugewinnausgleich nach § 1371 Abs. 2 BGB hätte geltend machen können, wenn er nicht Erbe geworden wäre. Die derzeitige Ausgestaltung dieser Vorschrift bewirkt eine nicht gerechtfertigte Doppelbegünstigung des überlebenden Ehegatten. Zum einen wird der Wert des Nachlasses unter Anwendung von Steuerbefreiungen und Begünstigungen berechnet. Zum anderen erfolgt der Abzug für den Zugewinn auf der Basis von Verkehrswerten ohne Rücksicht auf den Wertansatz für die Erbschaftsteuer. Um diese Doppelbegünstigung auszuschließen, wird durch einen neuen Satz 6 der Vorschrift die abzugsfähige fiktive Ausgleichsforderung gemindert. Hierfür wird der um die Steuerbefreiungen (S) geminderte Wert des Endvermögens (E - S) zum Wert des Endvermögens (E) ins Verhältnis gesetzt (E - S / E).

Einkommensteuerschulden und Erstattungsansprüche in der Erbschaftsteuer

Nach der Rechtsprechung des BFH fallen Einkommensteuererstattungsansprüche, die das Todesjahr des Erblassers betreffen, nicht in den steuerpflichtigen Erwerb nach § 10 Abs. 1 des ErbStG, weil sie erst mit Ablauf des Todesjahres entstehen (vgl. BFH-Urteil vom 16.1.2008, Az.: II R 30/06). Für Erwerbe gilt aktuell, dass Steuererstattungsansprüche nur zu berücksichtigen sind, wenn sie rechtlich entstanden sind. Diese Ungleichbehandlung wird durch die Neufassung des § 10 Abs. 1 Satz 3 ErbStG beseitigt. Die Neuregelung führt dazu, dass sowohl die das Todesjahr des Erblassers betreffenden Steuererstattungsansprüche anzusetzen als auch die Steuerschulden abzuziehen sind.

Abgabenordnung: Zinslauf bei vorläufigen Verlustrückträgen aus 2020

Auf die im Zuge der Corona-Gesetzgebung vorgenommene Neuregelung des vorläufigen Verlustrücktrags nach 2019 ist nach einer Ergänzung des § 111 EStG die allgemeine Verzinsungsregelung des § 233a Abs. 2a AO bei Verlustrückträgen anzuwenden. Soweit die Steuerfestsetzung für 2019 auf der erstmaligen Berücksichtigung eines vorläufigen Verlustrücktrags beruht, sind Nachforderungs- bzw. Erstattungszinsen erst ab Vornahme des Verlustrücktrags zzgl. der Karenzzeit von 15 Monaten festzusetzen. Dies beruht auf dem Gedanken, dass ein Verlustabzug bei der ursprünglichen Steuerfestsetzung noch nicht berücksichtigt werden konnte und daher weder der Steuerpflichtige noch das Finanzamt vor Eintritt des Verlustes einen Liquiditätsvor- oder -nachteil erlitten haben, den zu kompensieren das Ziel der Verzinsung ist. Anzuwenden ist die Regel sowohl auf den ursprünglichen Verlustrücktrag als auch für dessen spätere Hinzurechnung anlässlich der Veranlagung für 2020.

Steuerstrafrecht

Verlängerte Verjährungsfrist bei besonders schwerer Steuerhinterziehung

Für die Fälle der besonders schweren Steuerhinterziehung wird die Verjährungsfrist des § 376 Abs. 1 AO von 10 auf 15 Jahre erhöht. Dies gilt für alle im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes noch nicht verjährten Taten.

Unbefristeter Einzug des Taterfolgs

Der Tatertrag z.B. aus Steuerstraftaten soll unbefristet eingezogen werden können, wenn der Anspruch auf Rückgewähr des Erlangten lediglich aufgrund von Verjährung erloschen ist. Anwendbar ist die Regelung auf Taterträge

  • aus Taten ab Inkrafttreten des Gesetzes (am Tag nach der Verkündung des Gesetzes) und
  • aus Taten vor Inkrafttreten des Gesetzes, deren Einziehung nach dem Inkrafttreten der Neuregelung angeordnet wurde (dies u.a., wenn es sich um eine Steuerstraftat handelt, bei der der Täter in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt hat – Fälle des § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO).
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