Zum Inhalt springen

Sie sind hier:

Erbengemeinschaft: Welche Wege führen hinaus?

Eine Erbengemeinschaft entsteht kraft Gesetzes, wenn nach einem Todesfall mehrere gesetzliche oder durch letztwillige Verfügung bestimmte Erben vorhanden sind. Es handelt sich damit um eine Vermögensgemeinschaft, in der sich Mitglieder wiederfinden, ohne sich bewusst dazu entschieden zu haben. Nicht selten bestehen dann unterschiedliche Vorstellungen über die Verteilung bzw. Verwaltung des geerbten Vermögens, mit z.T. erheblichem Konfliktpotential. Davor schützt erfahrungsgemäß auch keine familiäre Verbundenheit, insbesondere wenn mit der verstorbenen Person ein verbindendes Element weggefallen ist. Daher werden nachfolgend die bestehenden Optionen zum Ausstieg aus der Schicksalsgemeinschaft aufgezeigt.

Allgemeine Grundlagen

Die Erbengemeinschaft ist eine sog. Gesamthandsgemeinschaft, vergleichbar einer Personengesellschaft (GbR, OHG, KG). D.h. die einzelnen Miterben sind entsprechend ihrer Erbquote gemeinschaftlich am gesamten Nachlass beteiligt und verwalten diesen gemeinschaftlich. Ein Miterbe kann nicht allein über einen einzelnen Nachlassgegenstand oder seinen Anteil daran verfügen bzw. diesen verkaufen.

Das gesetzliche Leitbild sieht eine Auseinandersetzung/Auflösung der Erbengemeinschaft in zwei Wegen vor: 

  • entweder durch reale Verteilung der Nachlassgegenstände unter den Miterben (ggf. mit Ausgleichszahlungen) oder 
  • durch Verkauf des Nachlasses und Verteilung des nach Abzug der Nachlassschulden verbleibenden Erlöses. 

Die Erbschaftsteuer wird jedoch unabhängig davon fällig, ob sich die Beteiligten auf eine Auseinandersetzung geeinigt haben. Sie trifft auch nicht die Erbengemeinschaft als solche, sondern den einzelnen Miterben. Somit kann Erbschaftsteuer zu zahlen sein, ohne dass der Betreffende an die geerbten, aber in der Erbengemeinschaft gebundenen Vermögenswerte „herankommt“.

Hinweis: Nicht nur dann stellt sich also die Frage, welche Handlungsmöglichkeiten bestehen, wenn absehbar ist, dass die erforderliche Einigung aller Miterben nicht erzielt werden kann.

Erbausschlagung 

Jeder Miterbe hat die Möglichkeit, das Erbe durch Erklärung gegenüber dem Nachlassgericht auszuschlagen. Die Ausschlagung muss innerhalb einer Frist von sechs Wochen ab Kenntnis von der Erbschaft erfolgen. Im Fall der Ausschlagung gilt der Betreffende von Anfang an nicht als Erbe. Er wird nicht Mitglied der Erbengemeinschaft, haftet nicht für Schulden des Erblassers und muss auch keine Erbschaftsteuer zahlen. Andererseits verliert er gleichzeitig alle vermögensrechtlichen Ansprüche am Nachlass des Verstorbenen, die den übrigen Erben quotal anwachsen. Auch Pflichtteilsansprüche können grundsätzlich nicht mehr geltend gemacht werden.

Hinweis: Die Ausschlagungsoption wird daher nur bei überschaubarem (oder überschuldetem) Nachlass in Betracht kommen.

Verkauf des Erbteils

Grundsatz

Die Miterben können zwar nicht über einzelne Nachlassgegenstände verfügen, wohl aber über ihren Erbanteil selbst, sprich über den Anteil an der Erbengemeinschaft. Der Erbteil kann durch notariellen Vertrag an andere Miterben oder auch an Dritte verkauft werden, ohne dass die übrigen Erben dies verhindern können.

Vorkaufsrecht

Im Fall der Veräußerung an einen Dritten steht den Miterben dann allerdings ein Vorkaufsrecht zu, das sie – einzeln oder gemeinschaftlich – durch Erklärung gegenüber dem Verkäufer ausüben können. Die Ausübungsfrist beträgt zwei Monate ab Mitteilung des Kaufvertragsinhalts durch den Verkäufer. Die Ausübenden würden dann anstelle des Dritten in den Kaufvertrag eintreten und müssten also dem Verkäufer den mit dem Dritten ausgehandelten Kaufpreis zahlen.

Steuerliche Folgen

Der Erbschaftsteuer unterliegt der Anfall des Erbteils. Sie fällt daher auch dann an, wenn der Erbteil anschließend verkauft wird. Durch den Verkauf kann zudem Einkommensteuer ausgelöst werden, sofern sich steuerrelevantes Vermögen im Nachlass befindet, z.B. Betriebsvermögen, Beteiligungen oder Immobilien, die der Verstorbene noch nicht zehn Jahre gehalten hatte. Bei Immobilien im Nachlass kann ferner Grunderwerbsteuer entstehen, wenn der Erbteil nicht an Miterben verkauft wird und auch keine sonstigen Befreiungen greifen (Verwandte in gerader Linie, Ehegatten).

Abschichtung

Bei der sog. Abschichtung werden keine Erbteile übertragen, sondern ein Miterbe verzichtet auf seine Rechte als Mitglied und scheidet – i.d.R. gegen Abfindung – aus der Erbengemeinschaft aus. Insofern bedarf es somit auch in dieser Variante einer Einigung aller Miterben.

Hinweis: Die Steuerfolgen entsprechen den unter Abschn. „Steuerliche Folgen“ dargestellten Aspekten. Grunderwerbsteuer fällt nicht an.

Erbauseinandersetzungsklage

Schließlich kann ein Miterbe jederzeit einseitig die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft verlangen und dies auch im Klagewege gerichtlich geltend machen. Ein solches Verfahren ist juristisch jedoch sehr anspruchsvoll und regelmäßig entsprechend zeit- und kostenintensiv. Im Nachlass befindliche Immobilien müssen zuvor meist im Wege der Teilungs-/Zwangsversteigerung verwertet werden, unter Inkaufnahme von oft geringeren Erlösen. Zudem haben unwillige Miterben einige Möglichkeiten, den Abschluss der Verfahren zu behindern und hinauszuzögern.

Hinweis: Die Klage kann daher nur das letzte Mittel sein, wenn alle anderen Möglichkeiten zum Ausstieg oder zur gütlichen Einigung erfolglos geblieben sind.

Zusammenfassende Handlungsempfehlungen

Das der Erbengemeinschaft als Zwangsverbund innewohnende Streitpotential kann durch testamentarische Regelungen vermieden bzw. gemindert werden. Möglich ist es z.B., einen Testamentsvollstrecker einzusetzen, der sich um die Verwertung und Verteilung des Nachlasses kümmert. Auch können konkrete Vorgaben für die Auseinandersetzung gemacht werden und im Wege der sog. Teilungsanordnung bestimmte Vermögenswerte einzelnen Miterben zugewiesen werden.

Überlegenswert ist schließlich, das Entstehen einer Erbengemeinschaft von vornherein zu vermeiden durch Einsetzen eines Alleinerben, der Rechtsnachfolger des Verstorbenen wird und alle Verfügungsbefugnisse hat. Das bedeutet jedoch nicht zwingend, dass ihm der gesamte Nachlass zusteht. Weitere Personen können ohne weiteres durch die Vergabe von Vermächtnissen bedacht werden. Die Vermächtnisnehmer haben dann nach dem Erbfall einen Anspruch auf Übertragung der testamentarisch zugewiesenen Vermögenswerte gegen den Alleinerben, der auch relativ problemlos gerichtlich durchgesetzt werden kann.

Hinweis: Allerdings sind immer etwa bestehende Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche zu bedenken. Generell empfiehlt es sich aufgrund der Komplexität der Materie, testamentarische Regelungen nur mit fachkundiger Beratung zu treffen. Wenden Sie sich hierzu gern an Ihren PKF-Ansprechpartner.

Zurück zur Übersicht
Zurück zum Seitenanfang